IPMN vom Seitenasttyp

Axiales MRT des Oberbauchs mit Darstellung des Pankreas; kleine zystische Läsion im Bereich eines Seitenasts, typisch für eine IPMN vom Seitenasttyp (BD-IPMN).

IPMN vom Seitenasttyp – Kontrolle, Bildgebung und aktuelle Empfehlungen (Fukuoka & ESGE Guidelines)

Einführung

Als intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie (IPMN) vom Seitenasttyp (Branch-Duct-IPMN, BD-IPMN) bezeichnet man zystische Wucherungen in den kleineren Nebengängen (Seitenästen) der Bauchspeicheldrüse.
Im Gegensatz zu anderen IPMN-Typen haben BD-IPMNs ein deutlich geringeres Risiko, bösartig zu entarten.

Merkmale des Seitenasttyps

  • Lage: Die zystischen Tumoren treten in den kleinen Seitenästen des Bauchspeicheldrüsentraktes auf.
  • Gangsystem: Die Zysten kommunizieren mit einem Hauptgang, der in der Regel nicht erweitert ist.
  • Erscheinungsbild: Auf bildgebenden Verfahren erscheinen sie oft als kleine, traubenförmige Zystengruppen.
  • Symptome: Viele BD-IPMNs verursachen keine Beschwerden und werden häufig zufällig bei bildgebenden Untersuchungen entdeckt.
  • Risiko: Das Risiko einer malignen Entartung ist im Vergleich zum Hauptgang-IPMN deutlich geringer.

Diagnose und bildgebende Verfahren

Die Diagnose erfolgt mittels moderner radiologischer Bildgebung, die die charakteristischen zystischen Erweiterungen der Seitenäste sichtbar macht.

  • MRT/MRCP (Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie): wichtigstes Verfahren zur Beurteilung des Pankreasgangsystems und Nachweis der Kommunikation der Zysten mit dem Hauptgang.
  • EUS (Endosonografie): Ergänzend zur genaueren Darstellung kleiner Wandknoten oder verdächtiger Strukturen.
  • Feinnadelpunktion (FNP): Entnahme von Zysteninhalt zur zytologischen und biochemischen Analyse (CEA, Amylase, KRAS/GNAS-Mutationen).

Da die meisten BD-IPMNs gutartig sind, ist in vielen Fällen keine Operation erforderlich. Stattdessen wird eine engmaschige radiologische Überwachung empfohlen.

Therapie und Prognose

Überwachung („Watch-and-Wait“): Bei kleinen, asymptomatischen BD-IPMNs genügt eine strukturierte Nachsorge mittels MRT/MRCP oder EUS, um Größenveränderungen oder neue Risikomerkmale („worrisome features“, „high-risk stigmata“) frühzeitig zu erkennen.

Chirurgische Entfernung: Eine Operation wird empfohlen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Wachstum der Zyste im Verlauf
  • Nachweis eines Wandknotens (Mural Nodule)
  • Zystengröße > 3 cm
  • Auftreten von Symptomen wie Pankreatitis

Die Operationsentscheidung sollte in einem spezialisierten Pankreaszentrum interdisziplinär getroffen werden.

Klassifikation nach Fukuoka (2017/2023)

Risikokategorie Kriterien Empfohlene Maßnahme
High-risk stigmata Gallenwegsikterus, mural nodule ≥ 5 mm, Hauptgang ≥ 10 mm Chirurgische Resektion
Worrisome features Mural nodule < 5 mm, MPD 5–9 mm, Zystengrösse ≥ 3 cm, Wachstum > 5 mm/Jahr, positive Zytologie, neuer Diabetes EUS und engmaschige Kontrolle
Keine Risikofaktoren BD-IPMN < 3 cm, kein Nodus, stabile Morphologie Bildgebung gemäss Intervalltabelle

Kontrollintervalle (Fukuoka & ESGE)

Zystengrösse / Befund Empfohlenes Intervall Modalität
< 1 cm alle 2–3 Jahre MRT/MRCP
1–2 cm jährlich MRT/MRCP
2–3 cm alle 6–12 Monate MRT ± EUS
≥ 3 cm ohne Risikomerkmale alle 3–6 Monate MRT + EUS
Mit „worrisome features“ EUS nach 3–6 Monaten, dann 6–12 Monate EUS ± MRT
Mit „high-risk stigmata“ Chirurgische Abklärung

Langzeitstrategie

Eine lebenslange radiologische Kontrolle wird empfohlen, solange der Patient operabel ist.
Bei stabilen Befunden über mehr als fünf Jahre kann das Intervall auf 2–3 Jahre verlängert werden.

Literatur

  1. Tanaka M et al. Pancreatology 2017; 17: 738–753.
  2. Tanaka M et al. Pancreatology 2023; 23(5): 713–740.
  3. European evidence-based guidelines on pancreatic cystic neoplasms. Gut 2018; 67: 789–804.
de_DE
Nach oben scrollen