TH 021

Th 021 (1)
Klinik

80-jähriger Patient. Diffuse Abdominalschmerzen seit 1 Woche.

Falldiskussion
Th 021 (2)
Th 021 (3)
Klinik
Bildanalyse
Die Abdomenübersichtsaufnahme im Liegen zeigt in Projektion auf den thorakoabdominalen Uebergang bilaterale vor allem auf dem Diaphragma und der zwerchfellnahen Pleura in Aufsicht dargestellte multiple Kalkeinlagerungen in unterschiedlicher Anordnung (linear, ringförmig, blattförmig). Der kostophrenische Winkel ist ausgespart.
 
Differentialdiagnose
Die radiologische Differentialdiagnose intrathorakaler extrapulmonaler Verkalkungen umfasst unter anderem
  • altes Empyem
  • Pleuritis tuberculosa
  • Histoplasmose
  • Parasitose (Cysticercose, Pentastomiasis)
  • alter Hämatothorax
  • asbestverursachte Pleuraplaques
  • nach Talkumexposition, Talkpleurodese
  • Hyperparathyroidismus (primär, sekundär)
  • chronische Hämodialyse
  • Mesotheliom
  • Pleurametastasen (Mamma-, Hoden-, Schilddrüsenkarzinom)
  • extraskeletales Osteosarkom der Pleura,
  • Pleuraplombe (Oleothorax)
  • Thorakolithen
 
Diagnose
Asbestverursachte verkalkte Pleuraplaques.
 
Topiks
Asbest ist ein Sammelbegriff für bestimmte natürlich vorkommende, faserförmige Silikatminerale (Chrysotil = Weissasbest, Krokydolith= Blauasbest, Amosit=Braunasbest, Anthophyllit, Grunerit, Aktinolith). Eine Asbestexposition tritt dort auf, wo Asbest abgebaut oder verarbeitet wird, in Gebäuden mit Bauteilen aus Asbest oder in Entsorgungssituationen. Das Einatmen von Asbest kann beim Menschen fakultativ sowohl fibrogene als auch kanzerogene Wirkungen im Bereich der Lunge und Pleura hervorrufen. Massgebliche Faktoren sind Intensität und Dauer der Feinstaub-Exposition, das Zeitintervall seit der Asbestexposition, Faserkonfiguration und Fasertyp, persönliche genetische Disposition, und Kofaktoren (z.B. Rauchen). Bei geringer Staubexposition überwiegt die isolierte Erkrankung der Pleura, bei hoher Staubbelastung die als Asbestose bezeichnete diffuse interstitielle Lungenfibrose. Für die fibrogene Wirkung ist eine durchschnittliche Latenzzeit (Beginn der Exposition bis zur klinischen Manifestation) von mehr als 20 Jahren anzunehmen. Auf Grund der beruflichen Exposition sind Männer deutlich häufiger von asbestassoziierten Berufskrankheiten betroffen.
Das Spektrum asbestbedingter benigner Pleuraerkrankungen umfasst
  • benigne exsudative Pleuraergüsse,
  • umschriebene Pleuraplaques,
  • generalisierte (diffuse) Pleuraverdickungen (> 5cm Durchmesser, > 8cm in kraniokaudaler Ausdehnung, > 3 mm Dicke, unscharf begrenzt, unregelmässige   Konturen), mit und ohne subpleurale Lungenfibrose; mit und ohne Verwachsungen der Pleurablätter; mit und ohne Rundatelektasen,
  • recessale Verschwartungen im Sinn einer Hyalinosis complicata bei rezidivierenden asbestbedingten Ergüssen nach Ausschluss anderer Ursachen.
Pleuraplaques stellen eine charakteristische, wenn auch nicht spezifische Reaktion der Pleura auf jahrelang schwellende Reizungen durch inkorporierte Asbestfasern dar. Ihr Wachstum erfolgt langsam über Jahrzehnte. Sie sind die häufigste Manifestation nach einer Asbestexposition, haben keine maligne Entartungstendenz und sind meist vor Ausbildung einer asbestbedingten Lungenfibrose (Asbestose) nachweisbar. Je länger und schwerer die Asbestexposition, desto ausgedehnter sind die Plaques, aber bereits eine leichtgradige oder kurze Exposition kann zur Entwicklung von Pleuraplaques gelegentlich ausreichen.
Die Thoraxübersichtsaufnahme ist nach wie vor untrennbarer Bestandteil der Basisdiagnostik asbestassoziierter Pleura- und Lungenerkrankungen. Ihrer geringen Sensitivität und Spezifität wird durch den zunehmenden Einsatz der CT bei Frühformen und unklaren Fällen Rechnung getragen. Pleuraplaques sind inselartige, im Durchmesser 1-5cm grosse, umschriebene, im Profil flache oder erhabene, tafelbergähnliche bis plateau- oder spindelförmige, oft rippenparallele fibröse Verdickungen des Bindegewebes der Pleura parietalis. Die Dicke variiert zwischen 0,2cm und 1cm. In der Regel sind sie multipel, bilateral und häufig symmetrisch entwickelt. Bevorzugte Lokalisationen sind die Pleura diaphragmatica des Zentrum semiovale und die kaudalen posterolateralen kostalen Abschnitte der parietalen Pleura in Höhe der 7. bis 10. Rippe. Fast nie sind Pleuraplaques vom parietalen Typ im Bereich des Apex und des costophrenischen Recessus lokalisiert. Nur selten ist die Pleura visceralis mitbetroffen (v.a. des kaudalen schrägen Interlobiums) und dann mit umschriebener subpleuraler Parenchymreaktion (subpleurale Fibrose, krähenfussartige Parenchymbänder). Im Laufe der Jahrzehnte können die Pleuraplaques weiter an Grösse zunehmen, und durch Konfluenz und Verkalkungen einen radiologischen Befundwandel bedingen. Plaqueverkalkungen sind häufig, im Verlauf bei mehr als 80% nachzuweisen, und besonders im Bereich der Pleura diaphragmatica charakteristisch. Pleuraplaques verkalken vorzugsweise im Zentrum der Plaque, stippchenförmig, später linear, spiralartig oder bandförmig und können en face ein “holly leaf” (Stechpalmenblatt) imitieren mit dichterer Verkalkung an den Verkalkungsrändern als im Verkalkungszentrum.
 
 
Literatur
 
Hering, K.G., Hofmann-Preiss, K.
Pneumokoniosen erkennen und klassifizieren.
Der Radiologe  2014; 54(12): 1189-1198.
 
Hieckel, H.-G., Hering, K.G.
Asbestverursachte Veränderungen am Thorax
Der Radiologe  2010; 50 (7): 623–634.
 
Rehbock, B., Hofmann-Preiß, K., Kraus, T.
Fallstricke in der radiologischen Diagnostik und Begutachtung der benignen asbestbedingten Erkrankungen des Thorax.
Fortschr Röntgenstr  2012; 184: 412–419.
 
Sargent, E.N., Felton, J.S., Barnes, L.T.
Calcified interlobar pleural plaques: visceral pleural involvement due to asbestos.
Radiology  1981; 140: 634

 

Falldiskussion

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