Sylvius, Jacobus (1478-1555)

Bleistiftporträt von Jacobus Sylvius (1478–1555), französischer Anatom, im klassischen Atelierstil mit abgedunkeltem Hintergrund, realistisch gezeichnet in Schwarz-Weiss.

Jacobus Sylvius (1478–1555), eigentlich Jacques Dubois, war ein französischer Humanmediziner, Altphilologe und Anatom der Renaissance. Er wirkte als Lehrer von Andreas Vesal und war ein bedeutender Vertreter der galenisch geprägten Anatomie in Paris.

Biografische Daten
Sylvius wurde 1478 in Amiens geboren. Er studierte zunächst Geisteswissenschaften und dann Medizin in Paris. Dort lehrte er ab 1530 als Professor für Anatomie am Collège de Tréguier. Zu seinen Schülern zählte auch Andreas Vesal, der sich später allerdings klar von Sylvius’ galenischer Dogmatik abgrenzte. Sylvius starb 1555 in Paris.

Wissenschaftliche Leistungen
Sylvius galt als ausgezeichneter Sprachgelehrter und war bemüht, medizinische Texte der Antike, insbesondere von Galen, korrekt zu übersetzen und zu kommentieren. Er hielt die Werke Galens für unfehlbar und weigerte sich weitgehend, eigene Beobachtungen an Leichen zu akzeptieren, wenn sie den antiken Beschreibungen widersprachen.
Trotz dieser konservativen Haltung trug er zur Etablierung der Anatomie als Lehrfach an der Pariser Universität bei und inspirierte eine neue Generation von Anatomen, darunter auch seinen berühmten Schüler Vesal.

Zur Verwechslung mit Franciscus Sylvius
Die nach der Sylvischen Furche (Sulcus lateralis cerebri) benannte Struktur geht nicht auf Jacobus Sylvius zurück, sondern auf den späteren Franciscus Sylvius (1614–1672), einen niederländischen Anatomen und Neurophysiologen. Die Namensähnlichkeit führt häufig zu Missverständnissen. Jacobus Sylvius war nicht der Namensgeber der Sylvischen Furche – sein Beitrag war primär philologisch und lehrend.

Bedeutung in der Anatomiegeschichte
Jacobus Sylvius war eine Übergangsfigur zwischen mittelalterlicher Autoritätshörigkeit und moderner empirischer Anatomie. Er machte die antiken Quellen wieder zugänglich, öffnete aber nicht den Weg für deren Korrektur durch Beobachtung. Erst seine Schüler, insbesondere Vesal, entwickelten daraus die moderne deskriptive Anatomie – oft in kritischer Abgrenzung zu Sylvius’ dogmatischer Haltung.

Quellen und Literatur
Singer C. A Short History of Anatomy and Physiology. Dover, 1957.
O’Malley CD. Andreas Vesalius of Brussels, 1514–1564. University of California Press, 1964.
Clarke E, O’Malley CD. The Human Brain and Spinal Cord. University of California Press, 1996.
Gray’s Anatomy. 42nd ed. Elsevier, 2020.

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