Johann Christian Reil (1759–1813) war ein deutscher Anatom, Physiologe und Medizintheoretiker der Aufklärung. Er gilt als Entdecker der Inselrinde (Reilsche Insel) und als Begründer des Begriffs „Psychiatrie“. Seine Arbeiten trugen wesentlich zur Entwicklung der Neuroanatomie und der medizinischen Psychologie bei.
Biografische Daten
Reil wurde am 20. Februar 1759 in Rhaude (Ostfriesland) geboren. Er studierte Medizin in Göttingen und Halle und wurde 1787 Professor für Medizin in Halle. Dort begründete er eine medizinisch-psychologische Fakultät und gab die Fachzeitschrift Archiv für die Physiologie heraus. Im Jahr 1810 folgte er einem Ruf nach Berlin, wo er sich stark für die Reform des Medizinstudiums engagierte. Er starb am 22. November 1813 an Typhus, den er sich während seiner Tätigkeit in der Lazarettversorgung der Befreiungskriege zugezogen hatte.
Wissenschaftliche Leistungen
Reils bedeutendste anatomische Entdeckung ist die Inselrinde (heute Insula Reili, oder einfach Insula), ein Teil der Großhirnrinde, der durch Aufklappen der Sylvischen Fissur sichtbar wird. Die Inselrinde spielt eine zentrale Rolle bei der sensorischen Integration, der Schmerzverarbeitung, Emotion und Körperwahrnehmung. Er beschrieb auch die Gyri breves et longi insulae, also die kurzen und langen Windungen der Insel.
Reil war auch philosophisch interessiert und entwickelte eine ganzheitliche Sicht auf Gesundheit und Krankheit. 1808 führte er als Erster den Begriff „Psychiatrie“ ein, um die ärztliche Behandlung seelischer Erkrankungen von der Philosophie und Theologie abzugrenzen. Seine Schriften beeinflussten die Entwicklung der medizinischen Anthropologie im deutschsprachigen Raum erheblich.
Bedeutung in der Anatomie und Radiologie
Die Inselrinde (Insula) ist heute eine klar definierte anatomische Struktur, die in der Schnittbildgebung (CT, MRT) routinemässig befundet wird – besonders bei Schlaganfällen, Epilepsie oder neurodegenerativen Erkrankungen. Die Reilsche Insel gilt als ein funktionell hochkomplexes Zentrum und bleibt ein anschauliches Beispiel für das Zusammenwirken historischer Anatomie und moderner Bildgebung.
Quellen und Literatur
Reil JC. Ueber die Asymmetrie des menschlichen Gehirns. Halle, 1809.
Finger S. Origins of Neuroscience. Oxford University Press, 2001.
Preuss TM. What is it like to be a Reil? Brain Struct Funct. 2007;212(2):145–158.
Whonamedit.com: Johann Christian Reil. www.whonamedit.com