Friedrich Gustav Jakob Henle (1809–1885) war ein deutscher Anatom, Histologe und Medizintheoretiker. Er gilt als Mitbegründer der modernen mikroskopischen Anatomie und war einer der ersten, der die Bedeutung der Zelle als Baustein des Lebens erkannte. Die Henle-Schleife im Nephron der Niere trägt seinen Namen.
Biografische Daten
Henle wurde 1809 in Fürth (Bayern) geboren. Er studierte Medizin in Bonn und Heidelberg und war zunächst Assistent bei Johannes Müller in Berlin. Nach Stationen in Zürich und Heidelberg wurde er 1852 Professor für Anatomie in Göttingen, wo er bis zu seinem Tod 1885 wirkte. Er war ein herausragender Lehrer, Forscher und Kritiker der naturphilosophischen Medizin seiner Zeit.
Wissenschaftliche Leistungen
Henle war ein Pionier der Histologie. Er beschrieb zahlreiche mikroskopische Strukturen, darunter die Henle-Schleife – einen U-förmigen Abschnitt des renalen Tubulussystems, der für die Harnkonzentrierung von zentraler Bedeutung ist. Weitere nach ihm benannte Strukturen sind die Henle-Faszie (Teil der Leistenregion) und das Henle-Kanalnetz in der Haut. Henle war zudem einer der ersten Vertreter der Zelltheorie im deutschsprachigen Raum und ein scharfer Gegner der damaligen Humoralpathologie.
Bedeutung in der Anatomie und Radiologie
Die Henle-Schleife spielt eine entscheidende Rolle in der Nephrologie und ist ein zentrales Ziel in der radiologischen Darstellung der Nierenfunktion – etwa in der CT-Urografie, MRT oder Nuklearmedizin. Durch den Aufbau eines Konzentrierungsgradienten im Nierenmark ermöglicht sie die Rückresorption von Wasser. Henles mikroskopische Systematik beeinflusst bis heute den strukturierten Aufbau anatomischer Lehrbücher und die Terminologie in der Pathologie.
Quellen und Literatur
Henle F. Allgemeine Anatomie. Leipzig, 1841.
Henle F. Handbuch der systematischen Anatomie des Menschen. Braunschweig, 1855–1873.
Singer C. A Short History of Anatomy. Dover, 1957.
Gray’s Anatomy. 42. Auflage. Elsevier, 2021.