Georges Charles Guillain (1876–1961) war ein französischer Neurologe, der gemeinsam mit Jean Alexandre Barré das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) beschrieb – eine akute entzündliche Polyneuropathie, die sich typischerweise durch aufsteigende Muskelschwäche und Areflexie manifestiert.
Biografische Daten
Guillain wurde 1876 in Rouen geboren. Er studierte Medizin in Paris und arbeitete am Hôpital de la Salpêtrière, einem der renommiertesten neurologischen Zentren Frankreichs. Dort wurde er Schüler von Pierre Marie. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Militärarzt, wo er gemeinsam mit Barré klinische Beobachtungen an Patienten mit neurologischen Ausfällen sammelte. Guillain war später Professor für Neurologie an der Universität Paris und starb 1961 in Paris.
Wissenschaftliche Leistungen
1916 beschrieben Guillain, Barré und der Medizinstudent André Strohl bei Soldaten mit aufsteigender Lähmung eine neue Krankheitsform, die sich durch fehlende Reflexe, normale Muskelkraft im Frühstadium und eine typische Liquorveränderung auszeichnete: zytoalbuminäre Dissoziation – ein erhöhter Eiweissgehalt bei normaler Zellzahl. Diese Beobachtung wurde zur Grundlage der Diagnostik des später benannten Guillain-Barré-Syndroms. Guillain forschte zudem zur Neuroanatomie, Muskelinnervation und spinalen Reflexphysiologie.
Bedeutung in der Radiologie und klinischen Neurologie
In der Radiologie ist das GBS eine Differenzialdiagnose bei Patienten mit aufsteigender Lähmung oder Tetraparese, insbesondere in der MRT-Bildgebung der Spinalnervenwurzeln oder im Plexusbereich. Bildgebend kann eine Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzeln beobachtet werden. Auch die Nervenleitgeschwindigkeitsmessung (NLG) und Liquordiagnostik basieren weiterhin auf den Prinzipien, die Guillain mitbegründet hat. Sein Beitrag zur systematischen neurologischen Untersuchung und zur funktionellen Neurodiagnostik ist bis heute grundlegend.
Quellen und Literatur
Guillain G, Barré JA, Strohl A. Sur un syndrome de radiculonévrite avec hyperalbuminose du liquide céphalorachidien sans réaction cellulaire. Bull Acad Med. 1916.
Yuki N, Hartung HP. Guillain–Barré syndrome. N Engl J Med. 2012;366(24):2294–2304.
Preston DC, Shapiro BE. Electromyography and Neuromuscular Disorders. Elsevier, 2021.
Goebel HH. Neuromuskuläre Erkrankungen. Springer, 2010.