Jean Riolan der Jüngere (1580–1657) war ein französischer Anatom, Leibarzt von Maria de’ Medici und Professor an der Universität Paris. Er gehörte zu den letzten einflussreichen Vertretern der galenischen Anatomielehre, gleichzeitig war er aber auch ein präziser Beobachter mit bleibendem Einfluss auf die morphologische Nomenklatur.
Biographical Data
Riolan wurde 1580 in Paris geboren und stammte aus einer bedeutenden Arztfamilie. Sein Vater Jean Riolan der Ältere war ebenfalls Anatom. Der Sohn verfasste mehrere anatomische Werke, darunter das einflussreiche „Anthropographia“, und war für seine konservative Haltung in der Debatte mit William Harvey (Entdeckung des Blutkreislaufs) bekannt. Er starb 1657 in Paris.
Scientific Contributions
Riolan verteidigte lange Zeit die Vorstellung, das Blut zirkuliere nur teilweise und werde im Herzen verbraucht – im Gegensatz zur vollständigen Zirkulationslehre Harveys. Dennoch beschrieb er anatomische Strukturen mit bleibender Relevanz:
- Musculus Riolani: ein Teil des Musculus orbicularis oculi (Augenringmuskel), wichtig für die Lidbewegung.
- Arcus Riolani (Riolan-Bogen): eine anatomische Gefäßanastomose zwischen der A. colica media und der A. colica sinistra, relevant bei Operationen am Kolon – insbesondere bei der Frage nach Kolonischämie.
Bedeutung in Anatomie und Radiologie
Die Riolan’sche Anastomose ist in der Abdominalradiologie und Gefäßchirurgie klinisch bedeutsam: Sie sichert bei Verschlüssen großer mesenterialer Gefäße (z. B. A. mesenterica superior) eine Kollateralversorgung des Kolons. In der CT-Angiografie oder DSA ist sie als „archförmige“ Verbindung im Kolonbereich sichtbar. Auch der Riolan-Anteil des Augenringmuskels wird in der plastischen Chirurgie und bei Lidfehlstellungen berücksichtigt.
Sources and Literature
Riolan J. Anthropographia et Osteologia. Paris, 1649.
Standring S (Hrsg.). Gray’s Anatomy. 42. Auflage. Elsevier, 2020.
Gourtsoyiannis N, Ros PR. Radiologic-Pathologic Correlations from Head to Toe. Springer, 2005.
Netter FH. Atlas of Human Anatomy. Elsevier, 2023.
