Michaelis, Gustav Adolf (1798-1848)

Bleistiftporträt von Gustav Adolf Michaelis in Schwarz-Weiss mit geglättetem Hintergrund, im Stil der Wegbereiter-Reihe auf radiologie24.ch

Gustav Adolf Michaelis (1798–1848) war ein deutscher Geburtshelfer, Anatom und Anthropologe. Er beschäftigte sich intensiv mit der Beckenanatomie und ihren Auswirkungen auf die Geburt. Nach ihm ist die „Michaelis-Raute“ benannt – ein palpatorisch erfassbares knöchernes Bezugssystem im unteren RĂĽckenbereich, das RĂĽckschlĂĽsse auf die Beckenform erlaubt.

Biographical Data
Michaelis wurde 1798 in Kiel geboren. Er studierte Medizin an der Universität Kiel und arbeitete dort später als Professor für Geburtshilfe. Neben seiner klinischen Tätigkeit war er stark an anthropometrischer Forschung interessiert. Nach persönlichen Schicksalsschlägen nahm er sich 1848 das Leben – kurz nach dem Tod einer Patientin infolge einer schwierigen Geburt, die ihn zutiefst erschütterte.

Scientific Contributions
Michaelis untersuchte systematisch die äuĂźere Beckenform und deren Zusammenhang mit geburtshilflichen Komplikationen. Dabei beschrieb er eine rautenförmige Zone am unteren RĂĽcken – die „Michaelis-Raute“ –, die durch folgende Punkte begrenzt wird:

– Dornfortsatz von LWK5 (oben)
– Spinae iliacae posteriores superiores (seitlich)
– oberer Rand der Rima ani (unten)

Die Form und Symmetrie dieser Raute ermöglichen Rückschlüsse auf Beckenanomalien (z. B. Platyplie oder Beckenverengung) und wurden in der klassischen Geburtshilfe zur Prognose verwendet.

Bedeutung in Geburtshilfe, Anatomie und klinischer Untersuchung
Die „Michaelis-Raute“ ist ein wichtiges **palpatorisches Hilfsmittel** zur **Beurteilung der Beckenform**, insbesondere in der Schwangerschaftsvorsorge. Eine asymmetrische oder abgeflachte Raute kann auf einen **enggestellten Beckeneingang** hindeuten, was mit einem erhöhten Risiko fĂĽr eine protrahierte Geburt verbunden ist.
Obwohl moderne Bildgebung (z. B. Becken-MRT) heute exaktere Diagnosen erlaubt, hat die Michaelis-Raute in der klinischen Untersuchung weiterhin orientierenden Wert.

Sources and Literature
Michaelis GA. Das Enge Becken: Eine anatomisch-gynäkologische Untersuchung. Kiel, 1830.
Sinnige A et al. Michaelis‘ rhomboid and pelvic typology. Midwifery Today Int Midwife. 2012.
Standring S (Hrsg.). Gray’s Anatomy. 42. Auflage. Elsevier, 2020.
Netter FH. Atlas of Human Anatomy. Elsevier, 2023.

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